Eine nüchterne Bilanz dieses Jahrhunderts muss zur Kenntnis nehmen, dass der Parteikommunismus, der von der Oktoberrevolution intendiert wurde, gescheitert ist. Moderne linke Gesellschaftsanalyse kann nicht einfach an kommunistische oder auch linkssozialisitische Ideen anknüpfen. Das heißt jedoch nicht, dass die Geschichte des Kommunismus im 20. Jahrhundert als Geschichte des Scheiterns einer von Anbeginn verfehlten Idee zu schreiben ist. Geschichte als Resultante divergierender Interessen, als offenes System zu begreifen, heißt auch, sie nicht vom Resultat, dem jeweils vorläufigen, zu begreifen.
Eine Analyse der Geschichte des deutschen Kommunismus muss der Darstellung des Verhältnisses von Theorie und Politik breiten Raum geben. Dabei erscheint die Rekonstruktion des Selbstverständnisses der deutschen Kommunisten als eine Fragestellung, die aus der Jahrhundertperspektive eine Gesamtsicht ermöglichen kann.
Die vorliegende Darstellung versteht sich als Versuch, Konturen eines Bildes des deutschen Kommunismus zu umreißen, die geeignet ist, Maß zu finden für die Bewertung dieser epochalen Erscheinung, die das 20. Jahrhundert so maßgeblich beeinflußt hat und in deren Tradition – in Distanz und Nähe – die heutige Linke steht.